DIE LINKE. Fraktion im Rat der Stadt Herford: Haushaltsrede 2015

Inez Déjà

2009 wurde im Bundestag die sogenannte Schuldenbremse beschlossen. Sie besagt, dass die Länder ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen dürfen. Die Verlierer dieser mehrheitlich im Parlament beschlossenen Grundgesetzänderung sind die Städte und Gemeinden. Diese Streichungspolitik geht auf ihre Kosten. In vielen Kommunen führt dies zum Willen des Kämmerers die schwarze Null anzustreben. So wohl auch in Herford. Die sogenannten Einsparungen, die es braucht, um dieses Ziel zu erreichen, werden auf Kosten der Einwohnerinnen und Einwohner und der Beschäftigten im öffentlichen Dienst durchgesetzt. In Herford herrscht in vielen Bereichen Mangel. Es werden mehr Mittel für soziale Aufgaben sowie auch zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen benötigt. Doch anstatt die Gewerbesteuer in adäquatem Umfang zu erhöhen, werden beispielsweise für die Neugestaltung der Fußgängerzone die Anwohnerinnen und Anwohner herangezogen, obwohl dies ureigenste Aufgabe des Staates ist. Unternehmen würde dies keinesfalls abschrecken. Führende Wirtschaftsanalysten haben ermittelt, dass die Gewerbesteuer, welche für Unternehmen steuerlich absetzbar ist, lediglich eine untergeordnet Rolle bei der Standortwahl spielt. Viel wichtiger sei eine gut ausgebaute Infrastruktur. Doch die Investition in entsprechende Struktur- und Instandhaltungsmaßnahmen wird nicht in ausreichendem Maße getätigt, allenfalls nur angedeutet.
 
Gleiches gilt für den Personalbereich der Stadt. Es sind zwar an einigen wenigen Stellen
Neueinstellungen geplant, aber die personellen Engpässe lassen sich z.B. anhand des
Fallzahlenvergleichs im sozialen Außendienst, kurz SAD, zwischen den Jahren 2002 und 2013, sowie der Zunahme der Aufgaben des SAD verdeutlichen. Jeweils drei SAD-Vollzeitkräfte betreuten im Jahr 2002 487 Fälle. Im Jahr 2013 haben sich um 1476 Fälle ebenfalls drei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gekümmert.
 
Seit Jahren ist die Stadt Herford, wie auch viele andere Kommunen, chronisch unterfinanziert. Die Steuerreformen der letzten Jahre, die die Parteien, deren Vertreterinnen und Vertreter Sie sind, beschlossen haben, führten zu deutlich weniger Einnahmen als möglich gewesen wären. Statt die unteren Einkommensschichten zu stärken wurden Bestverdienende und Kapitalertragsbekünstigte entlastet. Neben einer Umverteilung von oben nach unten wird unserer Ansicht nach dringend eine grundlegende Gemeindefinanzreform benötigt. Der Staat muss den Städten und Kommunen ausreichend Geld für ihre Aufgaben zur Verfügung stellen. Das Konnexitätsprinzip muss endlich gewahrt werden. Wenn Bund und Land den Kommunen neue Aufgaben zuweisen, müssen Bund und Land auch endlich nachhaltig die Kosten tragen.


Die freiwerdenden Flächen und Gebäude im Rahmen der Konversion sollen nach dem Abzug der
britischen Streitkräfte aus Herford durch die Stadtentwicklungsgesellschaft Hansestadt Herford (kurz SEH) geplant, umgebaut und verwaltet werden. Differenziert betrachtet zweifeln wir jedoch an, dass der Wille der Anwohnerinnen und Anwohner hinreichend berücksichtigt wird. Der neoliberale Wunsch nach Luxuswohnungen und nicht benötigten Gewerbeflächen wird scheinbar dringend benötigtem bezahlbarem Wohnraum oder Raum für ökologische und kulturelle Projekte übergeordnet.
 
Die anderen Parteien im Rat sind sich einig im Bestreben nach der schwarzen Null keine Investitionen tätigen zu wollen. Doch eine Kommune, die nicht mehr genügend investiert, um sich weiterzuentwickeln, wird die Aufgaben der Zukunft nicht bewältigen. Die Herausforderungen für Städte und Gemeinden wachsen stetig, der Haushalt soll jedoch schrumpfen. Nur für Prestigeprojekte wird Geld zur Verfügung gestellt. Das Marta zum Beispiel wird jährlich mit zwei Millionen Euro subventioniert. Während der Offene Ganztag deutlich zu knapp ausgestattet wird, werden Jugendzentren die Mittel komplett gestrichen. Investieren in Jugend und Bildung bedeutet Investieren in die Zukunft.  
 
Zukunftsrelevant ist auch ökologische Nachhaltigkeit. Dazu gehört besonders die Förderung des
Umstiegs vom Individualverkehr auf den Öffentlichen-Personen-Nahverkehr. Die Versuche der Linken den ÖPNV zu rekommunalisieren und zu stärken wurden von Ihnen leider nicht unterstützt. Zumindest ein Sozialticket, welches die Mobilität aller Herforderinnen und Herforder sicherstellen würde, wäre einem modernen Stadthaushalt angemessen.  
 
Ein so kurzfristig gedachter Haushalt lässt sämtliche Folgekosten und die Zukunft der Menschen die in der Stadt Herford leben außer Acht. Daher können wir von der Partei DIE LINKE, als einzige konsequent ökologisch, sozial und nachhaltig handelnde Kraft, diesem Haushalt nicht zustimmen. Es soll ein frischer Wind, frei von schwarzen oder roten Nullen, durch diese Räume wehen, also lassen sie uns die Fenster nicht nur einen Spalt öffnen, sondern weit aufreißen!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
 
 
 
   
 
   Inez Déjà                                  Wolfram Hüffner
    Ratsfrau                               Fraktionsvorsitzender