Keine Straßenwidmungen für Kriegsverbrecher!

„In einer rassistischen Gesellschaft reicht es nicht, nicht-rassistisch zu sein. Wir müssen anti-rassistisch sein“.

Dieser Satz aus den 1970er Jahren von Angela Davis, Grande Dame der Black-Power-Bewegung, gilt noch immer.

Wer mag bestreiten, dass auch heute noch Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe geringgeschätzt,

benachteiligt oder sogar ermordet werden.
Bis zum Weckruf des Frankfurter Historikers Frank Gnegel im Mai 2017 konnte sich die Bünder Lokalpolitik noch auf den Schlaf der Gerechten berufen, um die fortdauernde Existenz des unzeitgemäßen Straßennamens zu erklären.

Spätestens seit diesem Datum wächst bei uns das Unverständnis, wieso an einem ehrenden Straßenahmen für einen Kriegsverbrecher festgehalten wird, der als Adjutant General von Trothas am Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia beteiligt war und in einem entfesselten Guerillakrieg in Ostafrika für den Tod zehntausender afrikanischer Träger verantwortlich war, die er als menschliches Kriegsmaterial missbrauchte (Literatur und ein wissen-schaftliches Gutachten zu Lettow-Vorbeck finden Sie am Ende dieser Stellungnahme).
In Hannover erfolgte beispielsweise die Umbenennung des dortigen Pendants bereits vor einigen Jahren!

Die seitdem in Bünde vorgebrachten Argumente gegen eine Umbenennung sind jedenfalls nichtig bis absurd. Wenn etwa der jetzige Straßenname quasi als Wegweiser dienen soll, der den Blick der Zeitgenossen auf die historischen Schandtaten der deutschen Kolonialpolitik lenken soll. Dieser verqueren Logik zu Folge, hätte man in der jungen Bundesrepublik auch die alten Nazi-Straßennamen beibehalten müssen.
Ähnlich absurd ist es, wenn eine zeitgeschichtliche Person wie Lettow-Vorbeck mit einer frühmittelalterlichen Entität wie zum Beispiel Karl dem Großen auf eine Stufe gestellt wird, um deren Taten miteinander zu vergleichen resp. erstere dadurch zu relativieren.
Die Haltung der antragstellenden Bünder Parteien (GRÜNE, LINKE, SPD) zur Namens-gebung der Lettow-Vorbeck-Str. ist daher eindeutig: Eine Person, die aufgrund eines rassistischen Überlegenheitsgefühls Raub und Terror nach Afrika brachte und sich als Weg-bereiter des Nationalsozialismus hervortat, verdient es nicht Namensgeber einer Straße unserer Stadt zu sein. Anti-Rassismus heißt hier, sich nicht mit dem Status Quo abzufinden. Wenn wir glaubwürdig nach einer faireren und gerechteren Welt streben wollen, braucht die Straße einen neuen Namen!
So sind Straßennamen auch keine Privatsache der Anlieger. Gleichwohl hoffen wir auf deren Verständnis und haben im Vorfeld schon abgeklärt, dass auf die wenigen (unter 30) Privat-Personen, die an der Straße gemeldet sind, keine hohen Kosten zukommen. So wird die Veränderung der Meldeadresse im Personalausweis kostenlos durchgeführt.
Ausdrücklich betont werden soll hier noch, dass sich der Antrag, allein auf die Lettow-Vorbeck-Straße bezieht. Hinsichtlich weiterer historisch belasteter Straßennamen streben wir aktuell keine Umbenennung an. Dies betrifft insbesondere Straßennamen, deren vormaliger ideologischer Subtext mittlerweile nicht mehr präsent ist (Frühlingsweg, Saarlandstr, Kameradschaft).


Die Umbenennung findet statt, sobald im öffentlichen, politischen Diskurs ein neuer, angemessener Straßenname gefunden wurde. Hier rufen wir die Bünder*innen zur aktiven Teilhabe auf. Den Schulen und Bildungseinrichtungen bietet sich hier die Gelegenheit anhand der deutschen Kolonialgeschichte und ihren aktuellen Wirkungen, ein kritisches Geschichtsbewußtsein zu entwickeln. Die hierdurch begünstigte Verbreitung antirassistischer Einstellungen wäre dann eine ebenso wünschenswerte wie logische Folge.


Zu diesem Vorhaben wird es am Dienstag, 27.04.2021 auch einen Online-Vortrag geben...mehr

Hier der gemeinsame Antrag als PDF

Pressemeldung der Neuen Westfälischen