Rede zum Haushalt 2021

ANDERE BEITRÄGE

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,
Beginnen möchte ich mit einem Zitat von Gustav Heinemann:
„Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt.“
Über 20 Jahre konservativer Regentschaft haben auch in Bünde ihre Spuren hinterlassen.
Der soziale und der bezahlbare Wohnungsbau fristen ein Schattendasein, man könnte bildlich
gesprochen auch sagen „er liegt in Trümmern“, viele Menschen unserer Stadt, besonders sozial
benachteiligte oder junge Familien, zunehmend aber auch besonders Rentner*innen, finden keine
bezahlbare oder von der Größe angemessene Wohnung mehr.
Der Schwur auf den Markt, der es schon alles regeln wird, hat komplett versagt.

Investoren haben mit wenigen positiven Ausnahmen andere Ziele als den sozialen Gedanken, sie interessieren sich nicht
für Menschen mit knappem Geldbeutel.
Immer noch begeistert erinnere ich mich dazu an einen Ausruf von Herrn Tilly (FDP) im letzten Jahr:
„Eigentum verpflichtet!“ - Ja, so steht es im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland,
Artikel 14, wer nachlesen mag. Gerne hätte ich ihm damals spontan einen Mitgliedsantrag für
DIE LINKE überreicht, wenn ich dann einen zur Hand gehabt hätte.
Und wir reden hier in der Menge nicht von „bedauerlichen“ Einzelschicksalen. Das jahrelange Motto -
„Wollen wir „die“ eigentlich“ - hat dafür gesorgt, dass die Ausrichtung der Stadt immer mehr in
Richtung der gutsituierten eigenen Klientel erfolgte.
DIES ist absolut inakzeptabel. Und dies wollen und werden wir ändern.


Die Stadt Bünde und ihre Gesellschaften werden hier in Zukunft selbst aktiv werden und investieren
müssen, dies sind dann die Themen zukünftiger Haushalte. Wir brauchen kein Bünde, welches sich
auf die Wohlhabenden und Priviligierten ausrichtet, wir wollen ein Bünde für ALLE und dafür wird
DIE LINKE in den kommenden Jahren kämpfen. Wir werden soziale und ökologische Themen wieder
auf die Tagesordnung bringen und ja, dass wird Geld kosten, aber nur diese Gerechtigkeit schafft
wieder mehr Zusammenhalt und Vertrauen.
Wir alle wünschen uns, in 2021 wieder den Weg zurück in die Normalität zu finden. Nach und nach
dürften die sozialen und auch wirtschaftlichen Schäden sichtbar werden, die die Pandemie in den
Finanzen der Stadt Bünde angerichtet hat.
Wir hören dabei immer wieder, dass wir jetzt sparen müssen, den Gürtel enger schnallen. Erst im
Laufe des Jahres werden wir abschätzen können, wie stark z. B. die Gewerbesteuer real einbricht. Der
Bund und das Land NRW haben 2020 die Gewerbesteuerausfälle zu 50 % kompensiert, für 2021 wird
sich das noch zeigen. Zur Bilanzierung der Kosten der Corona-Pandemie werden der Kämmerei
glücklicherweise Werkzeuge an die Hand gegeben, mit welchen wir die finanziellen Coronaschäden im
Haushalt isolieren können. Dennoch werden wir uns damit aber in den nächsten Jahren leider weiter
beschäftigen müssen - keine schöne Aussicht.
ABER: Wer trägt letztendlich die Kosten der Krise?
Auf keinen Fall dürfen die Kosten auf die Ärmsten, die abhängig Beschäftigten, die kleinen
Unternehmen und Soloselbstständigen, den Umwelt- und Klimaschutz oder die Kultur abgewälzt
werden.
Aus unserer Sicht wäre jetzt eine Vermögensabgabe eine Lösung, um Multimillionäre und andere
Superreiche, welche bisher zu den Gewinnern der Krise gehören, solidarisch mit einzubeziehen.
Aber nicht allein die Corona-Krise ist schuld, dass kommunale Finanzen einem ständigen Auf und Ab
ausgesetzt sind. Der finanzielle Abstieg der Kommunen begann bereits 1999 mit der Steuerreform von
Hans Eichel. Der damalige Spitzensteuersatz von 56% - er galt sogar noch unter dem Nicht-
Linken Helmut Kohl - wurde auf nur noch 42% und die Körperschaftssteuer von 40% auf 25%
abgesenkt. Im Gegenzug wurden jedoch die Geringverdiener und der Mittelstand weiter belastet.
Hinzu kamen die unsägliche Agenda 2010 und das Hartz-IV-Paket. Durch neue Aufgaben, welche
Bund und Länder einfach auf die Kommunen abwälzten und den fehlenden finanziellen Ausgleich ging
es fortan mit den Kommunalfinanzen rasant bergab.
Der städtische Haushalt ist, wie bereits beschrieben, in besonderer Weise durch gesetzliche Vorgaben
geprägt, insbesondere durch Sozialtransferleistungen. Nur ein geringer Anteil entfällt heute noch auf
freiwillige soziale Leistungen. Ich denke dabei an die Jugendtreffs, an Vereine wie den Verein
„Bünde international“ oder die Sportförderung. Dort wird für unsere Gesellschaft wichtige soziale
Arbeit geleistet, der Fortbestand dieser Angebote hängt aber immer auch stark von der öffentlichen
Förderung ab. Besonders gefreut hat mich die Unterstützung der Jugendfeuerwehr, für die wir
nun tatsächlich ein festes Budget vorsehen.
Mit uns wird es jetzt und in Zukunft in diesen elementar wichtigen Bereichen keine Sparmaßnahmen
geben. Im Zweifel wird hier auch die „schwarze Null“ fallen müssen, deren Sinnhaftigkeit
inzwischen auch viele Ökonomen anzweifeln, da sie zentralen ökonomischen Grundsätzen
widerspricht.
Im reichsten Land Europas reduzieren sich die Aktivitäten von Städten und Gemeinden heute nicht
selten darauf, über Pro und Contra von Sozialtarifen, die Abschaltung von Straßenlaternen, dass
möglichst effektive Auspressen von Straßenanliegern oder das Flickschustern an maroden Straßen,
Kitas und Schulen zu diskutieren.
Um davon wegzukommen, dass Städte und Gemeinden - die Keimzellen der Demokratie - weiter als
Bittsteller auftreten müssen und nur noch Erfüllungsgehilfen von Bund und Ländern sind, bedarf es
einer Gemeindefinanzreform, die eine sichere Finanzierung der Kommunen garantiert und ihnen
mehr Handlungsspielräume gibt. Diese Reform müsste wieder eine höhere Beteiligung am
gesamtgesellschaftlichen Steueraufkommen umfassen. Die Gewerbesteuer ist in einem hohen Maße
konjunkturell abhängig, was die Kommunen vor dem Hintergrund ohnehin knapper Kassen regelmäßig
vor finanzielle Schwierigkeiten stellt.
Die Linksfraktion stimmt dem Gesamtpaket zum Haushalt 2021 und dem Stellenplan in der
vorliegenden Form zu. Er hat einen angenehmen sozial-ökologischen Ansatz erhalten, so muss es
weitergehen. Wir begrüßen ausdrücklich die Anpassungen bei den Elternbeiträgen, welche aus
unserer Sicht gerne auch noch weitergehen könnten und auch das eigene Budget für den
Umweltausschuss
, welches sicher sehr gut angelegtes Geld ist.
Die neugeschaffenen Stellen im Stellenplan können dabei aber nur ein Anfang sein, in Bereichen wie
z. B. Jugend und Soziales oder der Planung, aber auch in vielen anderen Bereichen, arbeiten viele
Mitarbeiter*innen durch Fehlplanungen der Vergangenheit bereits am Limit, dort wird man in der
nächsten Zeit sicher noch nachsteuern müssen, um die Verwaltung fit für die Zukunft zu machen.
Auch die bisher vernachlässigte Digitalisierung wird im Laufe der nächsten Jahre deutliche Ausgaben
notwendig machen.
Wir als Politik sind hier in der Verantwortung, die nötigen Rahmenbedingungen für ein optimales
Arbeitsumfeld zu schaffen und die Stadt Bünde dadurch zu einem attraktiven Arbeitgeber für
Fachkräfte zu machen. Unser Dank geht an die Mitarbeiter*innen der Stadt Bünde, wir bedankten uns
für Ihre Arbeit und die Unterstützung bei allen Fragen rund um die Stadt. Wir können jederzeit auf Sie
zählen, manchmal sogar am Sonntag… vielen Dank dafür!
Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit und wünsche allen für das kommende Jahr eine gute Gesundheit.

Gemeinsam werden wir diese Zeiten der Pandemie durchstehen, gemeinsam sind wir viel stärker.

 

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